E-Commerce: Amazon testet Lieferwagen

Online-Riese will Pakete angeblich selbst ausfahren.
Thilo Jörgl

Der amerikanische Online-Gigant Amazon entwickelt sich immer mehr zu einem Logistikunternehmen, um nicht mehr so stark von Paketzustellern abhängig zu sein. Einem Medienbericht zufolge testet der Online-Händler in England und in den USA bereits eine eigene Lieferwagen-Flotte. Das „Wall Street Journal“ berichtet, dass das Unternehmen seit Kurzem eigene Fahrer und Transporter einsetzt, die Pakete von den Lagern bis zu den Wohnungen der Kunden transportieren. Dem Bericht zufolge will das Unternehmen die eigene Auslieferung in den US-Metropolen New York, Los Angeles und San Francisco vorantreiben. In Großbritannien sind laut der Zeitung ebenfalls Transporter im Auftrag von Amazon unterwegs. Amazon-Chef Jeff Bezos wolle so die Lieferzeiten zu Stoßzeiten verkürzen.

Experten gehen davon aus, dass der Online-Händler mit eigenen Fahrzeugen vermeiden will, dass Kunden beispielsweise zur Weihnachtszeit länger als geplant auf ihre Bestellungen warten müssen. Im vergangenen Dezember musste Amazon einige Kunden mit Gutscheinen besänftigen, weil ihre Pakete nicht rechtzeitig zum Fest eingetroffen waren. Fachleute betonen, dass Amazon mit einem eigenen Paketdienst auch das Bonusprogramm „Prime“ besser kontrollieren kann. Bestellungen könnten noch am selben Tag an die Kunden geliefert werden, ohne dass externe KEP-Dienstleister involviert werden müssen.

Eigene Zustellfahrzeuge wären ein weiterer Meilenstein in der Entwicklung von Amazon zu einem Logistikspezialisten. Wie LOGISTIK HEUTE im Januar berichtete, hat Amazon in den USA ein Patent zugesprochen bekommen, das einen „vorausschauenden Versand“ („anticipatory shipping“) möglich machen soll. Mithilfe der Methode sollen Waren, für die sich Kunden in einem bestimmten Gebiet wahrscheinlich interessieren könnten, noch vor dem „Kaufen-Klick“ bereits verpackt und auf den Versandweg gebracht werden. Weltweit für Aufsehen hatte Amazon-Chef Bezos auch gesorgt, weil er verkündete, dass sein Unternehmen den Einsatz von Drohnen bei der Paketauslieferung in Erwägung ziehe.

In puncto Intralogistik hatten sich die Amerikaner schon 2012 besser aufgestellt. Damals kauften sie den Roboterhersteller Kiva Systems. Gegenüber LOGISTIK HEUTE sagte Intralogistikexperte Prof. Dr. Kai Furmans von der Universität Karlsruhe: „Dass Amazon Kiva Systems gekauft hat - und dass C&S Wholsesale Grocers ungefähr gleichzeitig Symbotics gekauft hat - zeigt, dass die großen Anwender mit dem Fortschritt der Intralogistikindustrie nicht zufrieden zu sein scheinen.“ Furmans selbst forschte unter anderem am Intralogistik-Projekt KARIS: Das System setzt sich aus kleinen autonomen Elementen zusammen, die eigenständig den Materialfluss in Lagern optimieren.