Pharmalogistik: Diskussion über Lieferengpässe bei Medikamenten

BfArM-Präsident Schwerdtfeger spricht sich für Meldepflicht aus.
Matthias Pieringer

Im Falle von Lieferengpässen bei Medikamenten hat Prof. Dr. Walter Schwerdtfeger, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), eine Meldepflicht ins Gespräch gebracht. "Sinnvoll wäre eine für alle Hersteller verbindliche Regelung, Produktionsprobleme und Lieferschwierigkeiten sofort zu melden", sagte er kürzlich der "Welt". Die Bonner Bundesbehörde bietet zwar bereits eine Übersicht zu aktuellen Lieferengpässen für Humanarzneimittel in Deutschland an. Die Angaben beruhen aber ausschließlich auf von den Zulassungsinhabern freiwillig gegebenen Informationen.

"Diese Informationen sind zum Teil lückenhaft oder enthalten sogar Fehler", sagte BfArM-Präsident Schwerdtfeger der "Welt". Der Behördenleiter plädierte gegenüber der Zeitung auch dafür, bestimmte wichtige Arzneimittel zu bevorraten, um Engpässe zu überbrücken. Wie die Bevorratung ablaufen könnte und wer die Kosten dafür zu tragen hätte, wäre zu diskutieren, sagte ein BfArM-Sprecher gegenüber LOGISTIK HEUTE.

"Das System der freiwilligen Meldungen wurde erst 2013 geschaffen. Ausdrücklich wurde damals von Behörden, Ärzten, Herstellern und weiteren Stakeholdern vereinbart, dass nicht jeder Lieferengpass gemeldet werden soll, sondern nur solche, die schwere Krankheiten betreffen und wo es bei Engpässen wenig Alternativen gibt", sagte Dr. Siegfried Throm, Geschäftsführer Forschung, Entwicklung, Innovation beim Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), auf Anfrage von LOGISTIK HEUTE. "Ehe man diese Vereinbarung schon wieder durch etwas anderes ersetzt, sollte man ihr Zeit geben, sich allgemein durchzusetzen."

Laut Throm gibt es Bevorratung schon jetzt: Hersteller hätten Lagervorräte, deren Umfang sich nach der üblichen Nachfrage richte. Apotheken und Krankenhausapotheken seien gesetzlich verpflichtet, den Durchschnittsbedarf an Medikamenten von einer beziehungsweise zwei Wochen vorrätig zu halten. Der vfa-Geschäftsführer sagte auch, dass es auch Medikamente gebe, bei denen gar keine größere Bevorratung möglich sei, etwa Grippeimpfstoffe im Herbst, wenn sie direkt aus der Produktion kommen, oder bestimmte radioaktive Präparate.

Die Hersteller könnten auch keinen Sondervorrat für Deutschland anlegen, weil sie Länder nicht gegeneinander ausspielen könnten und dürften. "Anders gesagt: Kein Patient in Schweden würde es verstehen, wenn er unbehandelt bliebe, nur weil der Hersteller seines Medikaments Deutschland einen Sondervorrat garantiert", so Throm. Hinzu komme die offene Frage, wer für Sondervorräte die Kosten tragen würde.

Um das Problem Lieferengpässe zu entschärfen, sollten laut dem vfa zum Beispiel die Verträge mit den Kassen und die Vergütungen durch die Kassen so gestaltet sein, "dass den Leistungserbringern Spielraum für Lager- und Reservekapazitäten bleibt".