E-Commerce: Erst testen, dann durchstarten

Technologiekonzern Amazon verlässt sich auf valide Ergebnisse.
Amazon setzt in seinen Fulfilment-Centers, wie hier am Standort Graben, auf ausgereifte Innovationen und die Zusammenarbeit von hörenden und gehörlosen Mitarbeitern. (Foto: Sandra Lehmann)
Amazon setzt in seinen Fulfilment-Centers, wie hier am Standort Graben, auf ausgereifte Innovationen und die Zusammenarbeit von hörenden und gehörlosen Mitarbeitern. (Foto: Sandra Lehmann)
Sandra Lehmann

Der Technologiekonzern und Onlinehändler Amazon sieht sich selbst weniger als der große Trendsetter im Onlinehandel, als der das Unternehmen in den Medien häufig dargestellt wird. Stattdessen kommt es vor allem auf die Kundenorientierung an. Das sagte Stephan Eichenseher, Public Relations Manager Amazon Deutschland Services GmbH, im Rahmen des LOGISTIK HEUTE-Forums „Fit für E-Commerce-Logistik“ am 31. März in Graben bei Augsburg.

Infrastrukturen aufbauen

Demnach ist Amazon auch so vorsichtig mit Ankündigungen, weil es häufig dauert, bis Innovationen so weit gediehen sind, dass sie für Kunden auch relevant werden. „Ein gutes Beispiel dafür ist die Drohnenlieferung mit Prime Air, die derzeit in Großbritannien getestet wird. Wir wollen vorher keine falschen Erwartungen wecken, um später Kunden auf keinen Fall zu enttäuschen“, so Eichenseher. Ähnlich sei es dem Konzern mit der Meldung gegangen, dass Amazon Fresh demnächst auch in Deutschland angeboten werde. Auch in diesem Fall müsse erst die Infrastruktur aufgebaut werden, so der Amazon-Vertreter.

Neue Geschäftsmodelle ableiten

Interessiert an innovativen Zustellmethoden und digitalen Strategien ist das Unternehmen aber trotzdem. „Wir probieren sehr viel aus. Und auch wenn nicht alle Services sich durchsetzen, so konnten wir aus dem einen oder anderen Konzept bereits neue Geschäftsmodelle ableiten. So wurde beispielsweise aus der Idee, DVDs online auszuleihen und via Kurier zuzustellen, unser Streamingdienst Amazon Video.“ Auch in Sachen Logistik ist Amazon gern auf neuen Pfaden unterwegs. So sind alle Neubauten der Logistikzentren, die in letzter Zeit entstanden sind oder sich derzeit in Planung befinden, meist von Anfang an für den Einsatz von Robotik ausgelegt. Das heiße allerdings nicht, dass der Onlineanbieter die digitalen Kollegen auch an allen Standorten einsetzen möchte. „Wir machen das grundsätzlich davon abhängig, ob sich etwa der Einsatz der Transportroboter von Amazon Robotics lohnt. Das kommt sehr stark darauf an, was in den jeweiligen Fulfillment Centers abgewickelt wird. Geht es beispielsweise um große und schwere Stücke, bietet sich manuelles Handling eher an als die Unterstützung durch Transportroboter.“

Mitarbeiter im Mittelpunkt

Obwohl Eichenseher davon überzeugt ist, dass Robotik zukünftig auch im Kommissionierprozess eine große Rolle spielen wird, steht für den Kommunikationsexperten der Mensch in den Distributionszentren des Unternehmens weiterhin im Mittelpunkt. „Ich habe letztes Jahr die Amazon Picking Challenge in Leipzig erleben können. Die Vision von Amazon ist das Zusammenspiel von Mensch und Maschine. Robotik im Logistikzentrum unterstützt die Mitarbeiter dort.“

Anweisungen in Gebärdensprache

Um die eigenen Mitarbeiter zukünftig an das Unternehmen zu binden und ein guter Nachbar zu sein, geht der Konzern auch mal ungewöhnliche Wege. So beschäftigt Amazon an einigen Standorten etwa auch einige gehörlose Mitarbeiter, mit denen der Versandhändler eine digitale Plattform zur Kommunikation entwickelt hat. Dazu wurden die wichtigsten Amazon-internen Begriffe in Gebärdensprache übersetzt und für Hörende auf Video gebannt. Über eine Plattform können die Begriffe abgerufen werden. So können sich alle Mitarbeiter unabhängig von eventuellen Einschränkungen miteinander verständigen. Führungskräfte, die Teams mit gehörlosen Mitarbeitern leiten, werden zusätzlich in Gebärdensprache unterrichtet.

Mehr über den Besuch von LOGISTIK HEUTE im Amazon Fulfilment Center in Graben lesen Sie hier