Award: Erstmals Leipziger Preis für Krankenhauslogistik verliehen

Grazer Krankenhaus für höhere Transparenz ausgezeichnet.
Einstand für den Leipziger Preis für Krankenhauslogistik. Der Geschäftsführer der Leipziger Messe, Martin Buhl-Wagner (links), freut sich über die Premiere mit den Gewinnern, dem Logistikleiter des Landeskrankenhaus-Universitätsklinikums Graz, Michael Kazianschütz (2.v.li.), sowie dem Betriebsdirektor des Krankenhauses, Gebhard Falzberger (2.v.re.). Prof. Dr. Hubert Otten (rechts) von der HS Niederrhein vertrat die Jury und überreichte de
Einstand für den Leipziger Preis für Krankenhauslogistik. Der Geschäftsführer der Leipziger Messe, Martin Buhl-Wagner (links), freut sich über die Premiere mit den Gewinnern, dem Logistikleiter des Landeskrankenhaus-Universitätsklinikums Graz, Michael Kazianschütz (2.v.li.), sowie dem Betriebsdirektor des Krankenhauses, Gebhard Falzberger (2.v.re.). Prof. Dr. Hubert Otten (rechts) von der HS Niederrhein vertrat die Jury und überreichte de
László Dobos

Der mit 6.000 Euro dotierte Leipziger Preis für Krankenhauslogistik wurde am 17. Mai 2017 auf der med.Logistica erstmals vergeben. Gewinner ist Michael Kazianschütz, Leiter der Stabsstelle Logistik am Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum Graz. Er bekam den Preis für die Implementierung eines Gesamtkonzepts Logistik auf Basis des SCOR-Prozessmodells am Klinikum in Graz. Eine achtköpfige Fachjury bewertete 22 Einreichungen aus Deutschland, Dänemark, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz. Die Jury bestand aus Wissenschaftlern, Logistikleitern an Krankenhäusern und Vertretern von Unternehmen aus dem Bereich Krankenhauslogistik.

Zusätzlicher Thesis-Award für studentische Arbeit

Den zusätzlich verliehenen Nachwuchspreis Thesis-Award erhielt Benjamin Heyse von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg für seine Masterarbeit im Bereich Krankenhauslogistik. Die Erkenntnisse seiner Masterarbeit „Entwicklung eines kennzahlenorientierten Geschäftsprozessmanagement-Tools zur Planung, Steuerung und Optimierung von Wertschöpfungsketten in Krankenhäusern“ werden bereits in einem Krankenhaus umgesetzt, teilte Heyse auf der Preisverleihung mit. Der Thesis-Award ist mit 1.000 Euro dotiert.

Siegerprojekt hat Vorbildcharakter

Der Direktor des Kompetenzzentrums eHealth an der Hochschule Niederrhein, Prof. Hubert Otten, begründete die Vergabe des Preises an das Grazer Projekt damit, dass es sowohl die Prozessorganisation als auch die Prozessleistung transparent mache. „Die hier angewandte Systematik kann unproblematisch auf andere Krankenhäuser übertragen werden.“ Die Jury habe das Projekt einstimmig als Sieger gekürt.

Über den Leipziger Preis für Krankenhauslogistik

Der Leipziger Preis für Krankenhauslogistik wird alle zwei Jahre auf dem Krankenhauslogistik-Kongress med.Logistica vergeben. Zu den Auswahlkriterien gehören Innovationskraft, Praxisrelevanz, quantifizierbarer Nutzen und Nachhaltigkeit, Multiplikationseffekt, Potenzial bezüglich Ökonomie und Qualität sowie Patientennutzen und -sicherheit. Der Thesis-Award würdigt herausragende studentische Abschlussarbeiten zur Prozessoptimierung im Gesundheitswesen.


Das Gewinnerprojekt im Detail

In den vergangenen drei Jahren hatte das Grazer Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum laut den med.Logistica-Veranstaltern ein neues logistisches Gesamtkonzept installiert. Als Bestandteil des Supply Chain Managements gingen parallel ein neues Versorgungszentrum sowie ein Transportleitsystem in Betrieb, welches Speisenversorgung, Materialwirtschaftsgüter, Medikamente inklusive Kühlware einbindet und künftig Lebensmittel- und Getränkeauslieferung sowie Wäsche- und Sterilgutversorgung einbinden soll. Eine über Jahrzehnte, heterogen gewachsene und teilweise intransparente Logistiklandschaft wurde ersetzt.

SCOR-Modell aus der Industrie übernommen

Zur Analyse der Logistikflüsse hatte sich die Stabsstelle Logistik am Grazer Klinikum für das SCOR-Modell (Supply Chain Operations Reference-Modell), welches in der Industrie seit den 90er-Jahren eingesetzt wird, entschieden. „Das SCOR-Modell bietet durch seine Kernsäulen Source (Beschaffen), Make (Herstellen) und Deliver (Liefern) eine ideale Basis, um logistische Kernprozesse im Gesundheitswesen visuell darzustellen und Verbesserungspotenziale zu erkennen“, begründete Kazianschütz die Entscheidung. Darüber hinaus könne das Krankenhaus mit dem Modell ineinandergreifende Prozesse oder Prozesselemente zueinander in Beziehung setzen.

Viele Teilkonzepte greifen ineinander

„Das von uns aufbereitete Gesamtkonzept Logistik zeichnet sich im Wesentlichen durch aufeinander aufbauende Teilkonzepte aus, welche die gesamte Supply Chain eines Krankenhauses von Wareneingang bis zur Lieferung an den ‚Point of Use’ beinhaltet und transparent abbildet“, erläuterte Kazianschütz. Außerdem hatten die Logistiker den Einsatz der Versorgungsassistenz sowie die elektronische Anforderung und Genehmigung in SAP-MM als eigene Teilkonzepte entworfen und umgesetzt. Ein Notfallplan soll künftig das Konzept abrunden. Die Verantwortlichen in Graz würden beispielsweise präventive Szenarien erarbeiten, um Patienten auch bei Stromausfall mit Essen oder Medikamenten versorgen zu können.

30 Minuten auf das Essen warten ist passé

Erste Erfolge des neuen Gesamtkonzepts Logistik und der damit verbundenen standardisierten Arbeitsweise seien bereits sichtbar, erklärt Kazianschütz. So sei es jederzeit in Echtzeit nachvollziehbar, wo sich die Ware befindet, wer sie wann und wo übergeben hat. „Vor der Einführung des Transportleitsystems warteten die Mitarbeiter bis zu 30 Minuten in den Kopfbahnhöfen auf die Essenslieferung. Oft wussten sie nicht, wie viele Wagen kommen und fuhren mehrfach mit dem Aufzug in den Logistiktunnel hinunter, um nachzusehen.“ Das Vermeiden unnötiger Fahrten entlaste die Aufzüge enorm. Außerdem ließen sich die Transporte besser planen und damit besser auslasten.

Gleichmäßige Lieferungen, bessere Auslastung

„Zwei Jahrzehnte lang fielen Anlieferungen von Materialwirtschaftsgütern und Apothekenwaren auf denselben Tag. Aufgrund der Prozessanalysen haben wir dies entzerrt“, erläutert Kazianschütz. „Die alternierende Lieferung nivelliert Spitzen, schafft mehr Platz in den Kopfbahnhöfen und vermindert den Stress.“ Die Lagerbestände sowie die Zahl abgelaufener Medikamente seien geschrumpft: Statt eines kleinen Abfallbehälters müsse am Monatsende nur noch eine Handvoll Arzneien entsorgt werden. Schließlich entlaste die Einführung einer eigenen Versorgungsassistenz das am Patienten tätige Pflegepersonal.

Krankenhaus mit 1.500 Betten

Das Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum Graz hat etwa 1.500 Betten und beschäftigt 7.700 Mitarbeiter. Sie führen pro Jahr circa 1,2 Millionen Behandlungen an rund 84.000 stationär und etwa 400.000 ambulant betreuten Patienten durch.