Flurförderzeugemarkt - Einbruch in 2009: Im Krebsgang

Redaktion (allg.)


Eigentlich ticken die Kunden der Flurförderzeuge-Anbieter während der Krise genauso wie vorher. Manches hat sich aber doch geändert. Ein Bericht über Märkte, Messen und Meinungen.
Eine Zahl sagt oft mehr als tausend Worte. 45 – diese Ziffernkombination beschreibt exakt in Prozent den weltweiten Nachfrage-Einbruch im Flurförderzeugemarkt in den ersten neun Monaten 2009. Und darf man den Experten glauben, dann hat sich an dem Trend auch bis dato nicht viel geändert. Der Markt bewegt sich auf niederem Niveau seitwärts, im Krebsgang quasi. Noch eine Schockzahl? In Osteuropa krachte der Staplerverkauf im genannten Zeitraum um 77 Prozent in den Keller. Wer sich noch tiefer in die Statistik eingräbt, erfährt zwar, dass der Einbruch in Europa „nur“ 51 Prozent betrug und dass das dritte Quartal 2009 etwas besser war als das zweite. Aber diese Nachricht entspannt die Mienen der Manager bei den Staplerherstellern nicht wirklich, wenn sie derzeit in ihre Bilanzen blicken. Egal, ob Nischenanbieter oder Branchenprimus: 2009 war ein schwarzes Jahr in der Staplerwelt. Es stellt sich also die Frage, ob 2010 besser wird. Kommt drauf an, ob die Wirtschaft wieder anzieht und Unternehmen dann bereit sind, umgehend in Flurförderzeuge zu investieren, hört man in diesen Tagen aus Expertenmündern. In der Staplerbranche warnen jedoch hinter vorgehaltener Hand viele vor zu viel Optimismus. Die Gründe: Erstens ist die Intralogistik eine sogenannte Spätzyklikerbranche, die erst anspringt, wenn der Wirtschaftsmotor schon ordentlich auf Touren ist. Und zweitens gibt es, wie Egon Strehl, Geschäftsführer von Clark Europe sagt, ganz „ordentliche Überkapazitäten“. Wie hoch diese sind, hat der Sprecher der Kion-Gruppe, Michael Hauger, unlängst hochgerechnet: „Die beiden weltweit größten Hersteller könnten alleine den Marktbedarf abdecken.“

Hoffen auf Wachstum Ein Blick zurück: Im Rekordjahr 2008 fragten Unternehmen noch weit über 872.000 Flurförderzeuge nach. 2009 werden nach genauen Auswertungen die Zahlen gerade mal die Halbe-Million-Hürde ­erreichen. Dass die Hersteller mit ihren verkauften Neugeräten bald wieder in die Höhen von 2008 abheben, glaubt niemand in der Branche. Bei Clark rechnet man 2010 mit einem „leichten Wachstum“. Mathias Fischer, Geschäftsführer von Toyota Material Handling Deutschland, schätzt, dass der Markt zumindest „recht stabil“ bleibt. „Das Niveau von 2008 werden wir aber nicht vor 2014 wieder erreichen“, glaubt er. Ähnlich sehen es Linde- und Still-Manager, die von „einigen Jahren“ Erholungszeit sprechen. Wenn Insider hinter vorgehaltener Hand reden, hört man, dass es angesichts solcher Vorzeichen zu Marktkonzentrationen kommen wird. Übernahmegerüchte machen an Hotelbars die Runde. In einem Fall ging es um den Kion-Konzern. Gegenüber LOGISTIK HEUTE betonte Sprecher Hauger, dass er davon nichts wisse. Wer seriös bleiben will, lässt die Gerüchteküche links liegen und schaut nur auf die bereits vollzogenen Veränderungen im Markt. Und davon gibt es zahlreiche. Einige Unternehmen haben zum Beispiel kräftig umstrukturiert. Die Kion-Gruppe schloss in England ein Werk und veränderte in Deutschland die Produktionsstruktur, was zu Demonstrationen der Mitarbeiter führte (s. LOGISTIK HEUTE 7-8/ 09, S. 40). Toyota hingegen griff in den Vertrieb ein und gewichtete die Standorte neu. Entlassungen waren beispielsweise bei Jungheinrich und der Kion-Gruppe eine Maßnahme gegen die Krise. Und wer zwar keine Jobs strich – wie etwa Clark Europe –, der trat ordentlich auf die Kostenbremse. Führungskräfte verzichteten auf einen Teil des Lohns, Dienstreisen wurden reduziert, Marketingbudgets eingedampft und Kurzarbeit eingeführt, berichtet etwa Clark Europe-Chef Strehl ganz offen.

Kurzarbeit geht weiter Apropos Kurzarbeit. Um möglichst viele Stellen der Stammbelegschaft zu halten, machten alle in einer Blitzumfrage von LOGISTIK HEUTE befragten Hersteller von diesem Instrument 2009 Gebrauch. Und je nach Konjunkturverlauf will das Gros der Unternehmen die Maßnahme auch 2010 in Betracht ziehen. In der Regel sind vor allem die Abteilungen betroffen, die Gegengewichts-Stapler herstellen. Besonders erwischte die Flaute laut Jungheinrich die Staplerproduktion mit Verbrennungsmotoren. Die Nachfrage nach Lagertechnikgeräten war bei den meisten Firmen besser als bei den Gegengewichts-Fahrzeugen. Ein weiterer Trend lautet: Wer stark im Pharma- oder Lebensmittelgeschäft vertreten ist, kann besser verkaufen als Unternehmen, die im gebeutelten Automotive-Sektor aktiv sind. Auch der Marketingbereich blieb in der Regel nicht von Kürzungen verschont. Der Tenor der Unternehmen lautet, dass sich die Verantwortlichen noch genauer als bisher überlegen, in welchen Bereichen sie Geld investieren. Beispiel Messen: Kion ist zwar mit den Marken Still und Linde auf der LogiMAT vertreten. Die BAUMA, die vom 19. bis 25. April in München stattfindet, wurde jedoch gestrichen. Genauso wird es bei Toyota gehandhabt, wobei der Messestand in Stuttgart „entsprechend des Marktrückgangs um die Hälfte verkleinert wurde“. Heißt es jetzt „Kopf in den Sand stecken“? Vom Vogel-Strauß-Prinzip sind alle Hersteller, Krise hin oder her, weit weg. Nach der Weihnachtspause nutzen sie das Frühjahr, um mit neuen Produkten kräftig um Kunden zu werben. Große Hoffnung setzen viele dabei auf die LogiMAT.

Heilsbringer Software? Die großen Player präsentieren dort in der Regel nicht nur neu entwickelte Geräte, sondern auch Software-Tools für Flottenbetreiber oder Lagerverwaltungssysteme. Denn die Kunden fragen den Herstellern zufolge vermehrt nach dem Thema „Energieverbrauch“. Still zeigt etwa die mit Energiesparprogramm „Blue-Q“ ausgezeichneten neuen Dieselstapler RX 70, Jungheinrich den neuen Hydrostaten vom Typ „VFG 316s-320s“. Toyota präsentiert unter anderem den Traigo 24, bei Nissan bekommt man Auskunft über die neue QX2-Serie und die GX-Reihe. Jö

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