Supply Chain Finance: Kein Fremdkörper im Logistiknetz!

Markus Wohlgeschaffen, Head of Global Trade Finance & Services, UniCredit AG | Bild: UniCredi
Markus Wohlgeschaffen, Head of Global Trade Finance & Services, UniCredit AG | Bild: UniCredi
Redaktion (allg.)
Gast-Kommentar

Viel wurde in der Vergangenheit von der Verflechtung der physischen (Supply Chain Management, kurz SCM) und der finanzwirtschaftlichen (Supply Chain Finance, kurz SCF) Wertschöpfungsketten gesprochen. Doch bislang nutzen nur wenige Unternehmen die Vorteile der Liquiditätsbeschaffung durch SCF-Techniken. Fragt man nach den Gründen, wird offenbar, dass Supply Chain Manager, Finanzmanager und Bänker oft Schwierigkeiten haben, eine gemeinsame Sprache zu finden, um gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.
Die Entwicklungen, die SCM und SCF in den vergangenen Jahren erfahren haben, belegen, dass beide nicht nur verschiedene Seiten derselben Medaille darstellen, sondern in weiten Teilen identische Problemlösungsstrategien verfolgen. Besonders deutlich wird das am Beispiel des immer mehr an Bedeutung gewinnenden Risikomanagements. Studien zeigen, dass das Erkennen, Steuern und Vermeiden von Risiken zu den großen Trends des SCM der kommenden Jahre gehört. Neue Technologien erlauben eine nie dagewesene Transparenz des gesamten Wertschöpfungsprozesses. Nach dem Prinzip des „Internets der Dinge“ werden die Güter zunehmend selbst Teil eines dezentralen und in Echtzeit vernetzten Systems.
Alle Informationen, die entlang der Lieferkette für die jeweils Beteiligten relevant sind, lassen sich – zugeschnitten auf das individuelle Informationsbedürfnis des jeweiligen Teilnehmers – abrufen. Dazu gehören Bestellungen, Rechnungen, Packlisten, Liefernachweise, Zahlungsanweisungen, aber auch Daten über den aktuellen Standort von Gegenständen (RFID) oder Meilensteine, die den Implementierungsfortschritt eines Projekts dokumentieren. So lassen sich schnelle Entscheidungen treffen, die auf die immer größer werdende Marktvolatilität reagieren und die Supply Chain gegen Störeinflüsse schützen.
Genau hier setzt SCF an:
Die Hauptbestandteile für die Bestimmung der Finanzierungskosten sind die Zahlungs- und Prozessrisiken, die Banken in ihre Bücher nehmen. Je präziser und aktueller die risikorelevanten Informationen vorliegen, desto besser kann das Kreditinstitut die tatsächlich mit einer Finanzierung verbundenen Risiken in die Preisfindung einfließen lassen. In der Praxis sieht das dann etwa so aus, dass bestimmte Ereignisse innerhalb der physischen Supply Chain (etwa der Versand der Ware oder die Akzeptanz einer Rechnung) voll- oder teilautomatisch transaktionsbezogene Finanzierungen auslösen. Dadurch erreichen Supply Chain- und Finanzmanager sowie Bänker gemeinsam und mit identischen Mitteln, dass Lieferketten zwar flexibler, gleichzeitig aber auch stabiler, risikoärmer und kapitaleffizienter werden.

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