Die ERP-Tage 2015 standen ganz im Zeichen von "Industrie 4.0". (Foto: RWTH Aachen)

Das FIR an der RWTH Aachen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Innovationen im Bereich der digitalen Auftragsabwicklung voranzutreiben. Demzufolge standen auch die 22. Aachener ERP-Tage am 10. und 11. Juni 2015 im Zeichen von „Industrie 4.0“. Über 100 Vertreter aus Forschung und Industrie waren laut Veranstalter gekommen, um sich im Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Aachen Campus über die neuesten technologischen Errungenschaften und die aktuellsten Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung zu informieren.

Prognosefähigkeit fehlt

„In der Produktion fehlt die Prognosefähigkeit“, sagte der Direktor des FIR, Professor Günther Schuh. So gäbe es bisweilen beispielsweise nur unzureichende Informationen zu den Übergangszeiten in der Fertigung. „Wir müssen dahin kommen, dass wir auf Knopfdruck den Zustand eines Unternehmens abrufen können“, erklärte er. Schuh empfahl den Unternehmen, sich Gedanken darüber zu machen, welche Informationen beziehungsweise Daten sie erfassen und auswerten können, um diese anschließend auf Ursache-Wirkungszusammenhänge hin zu untersuchen und so ihre Prognosefähigkeit zu steigern.

Industrie 4.0 ist ein Migrationsprozess

Diese Ansicht unterstrich auch Professor Michael Henke vom Dortmunder Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik. Unternehmen könnten nicht von jetzt auf gleich Industrie 4.0 umsetzen; vielmehr sei es ein Migrationsprozess, der auf der Managementebene begonnen werden müsse. Das Thema Changemanagement spiele hier eine entscheidende Rolle. Mitarbeiter müssten die Chance bekommen, Ideen auszuprobieren und Fehler zu machen, um daraus zu lernen, erklärte Henke.

Cyber-physische Systeme sollen Prozesse optimieren

Welche Möglichkeiten produzierende Unternehmen haben, um mithilfe cyber-physischer Systeme ihre Prozesse zu optimieren, verdeutlichte der Geschäftsführer der Aachener Demonstrationsfabrik (DFA), Dr. Thomas Gartzen. Die Demonstrationsfabrik ist eine reale mittelständische Fabrik innerhalb eines universitären Umfeldes, die es erlaubt, technologische Entwicklungen in die Produktion zu implementieren und deren Auswirkungen auf die laufenden Prozesse zu testen. Mithilfe von Sensoren werden in der DFA beispielsweise Informationen zu den Übergangszeiten erfasst und zur Auswertung an ein angeschlossenes Forschungslabor (ERP-Innovation-Lab) gespielt. Zudem wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts eine App entwickelt, die ähnlich wie ein digitales Blutbild als Entscheidungshilfe für den Fertigungssteuerer genutzt werden kann.

Neue Geschäftsmodelle

Dass diese Daten nicht nur zur Optimierung von Prozessen genutzt werden, sondern auch dazu dienen können, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, verdeutlichte Clemens Otte vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Er forderte die Teilnehmer dazu auf, sich mit Trends zu befassen, da diese maßgeblich durch die Digitalisierung getrieben würden. Dabei bezog er sich, wie auch seine Vorredner, auf die Bedeutung von Apps.

Kundenwünsche treiben Digitalisierung

Zusammenfassend waren sich die Redner auf den Aachener ERP-Tagen in einigen Punkten einig: Sie sehen nahezu alle den Kunden und seine Wünsche als Treiber für die Digitalisierung und als Ausgangspunkt aller unternehmerischen Handlungen. Des Weiteren waren alle Referenten der Auffassung, dass rechtliche Rahmenbedingungen – insbesondere zum Thema Datensicherheit sowie zu den Rechten an den Daten – grenzüberschreitend geklärt werden müssen. Zudem waren alle der Auffassung, dass die vierte industrielle Revolution zwar Berufssparten verdrängen wird, aber dass auch neue, anspruchsvollere Berufe entstehen werden.

Die nächsten Aachener ERP-Tage finden vom 14. bis zum 16. Juni 2016 statt.