Onlinehandel: Amazon wird zum KEP-Dienstleister

Onlinehändler startet eigene Lieferung und setzt erstmals in Europa Roboter ein.
Bei Amazon in Polen kommen bereits, wie in den USA, Roboter zum Einsatz. (Foto: Amazon)
Bei Amazon in Polen kommen bereits, wie in den USA, Roboter zum Einsatz. (Foto: Amazon)

Gerüchte gab es schon lange, jetzt hat der amerikanische Onlinehändler Amazon sie offiziell bestätigt: Seit 19. Oktober 2015 liefert Amazon im Großraum München teilweise selbst aus. Das bestätigte die Pressestelle auf Anfrage von LOGISTIK HEUTE. Allerdings nur ergänzend zu den eingesetzten KEP-Dienstleistern wie DHL oder Hermes – auf keinen Fall ersetzend, betont die Pressesprecherin. Die eingeschlagene Richtung war bereits seit Monaten erkennbar, als der Onlinehändler inzwischen insgesamt fünf Gesellschaften zur „Erbringung von logistischen Dienstleistungen, insbesondere Transport, Umschlag und Lagerung, und anderen Vertriebleistungen, einschließlich der damit verbundenen Dienstleistungen“ in München gekauft hatte (LOGISTIK HEUTE berichtete). Amazon hatte bislang aber nichts bestätigt.

Erster Standort: Olching

Ausgangsort der selbst gelieferten Pakete ist nun eine in Olching gemietete Halle mit 6.000 Quadratmetern Fläche, die allerdings ausschließlich als Verteilzentrum für die in Graben bei Augsburg gepackten Sendungen genutzt wird. Ein eigenes Lager wird dort laut Pressestelle nicht eingerichtet. Für die Auslieferung setzt der Onlinehändler auf die Unternehmen Interkep GmbH, Taufkirchen bei München, Rico Logistics Ltd. mit Hauptsitz in Großbritannien, System-Logistik GmbH, München, Krä Transport GmbH, Straubing, A-Z Logistik GmbH, Dorsten. Außerdem soll der Dienst Liefery der LieferFactory GmbH, Frankfurt am Main, zum Einsatz kommen. An ihm ist unter anderem die Hermes Logistik Gruppe Deutschland mit 28,5 Prozent beteiligt (LOGISTIK HEUTE berichtete). Im nächsten Jahr soll außerdem ein weiteres Logistikzentrum in München-Ost mit etwa 7.000 Quadratmetern Fläche in Betrieb gehen.

Frankreich: KEP-Dienst gekauft

In Frankreich stehen auch alle Zeichen auf baldige Eigenlieferung durch Amazon: Laut französischen Medien hat der Onlinehändler dort den KEP-Dienstleister Colis Privé komplett übernommen. Vergangenes Jahr hatte sich der Onlinehändler bereits 25 Prozent der Anteile gesichert. Colis Privé liefert nach eigenen Angaben mehr als 35 Millionen Sendungen im Jahr aus. Sollten die Wettbewerbsbehörden der Übernahme zustimmen, könnte schon im ersten Quartal 2016 der Kauf abgeschlossen werden.

Robotereinsatz in Polen

Und auch im europäischen Ausland tut sich etwas beim Onlinehändler: Seit 15. Oktober setzt Amazon im polnischen Wroclaw das eigene Robotersystem „Amazon Robotics“, das 2012 aus der Übernahme von Kiva Robotics enstand, ein. Damit ist der Standort in Polen das erste europäische Logistikzentrum, in dem das System genutzt wird – bislang sind die Roboter nur in den USA unterwegs. Nun soll das System aber auch die Mitarbeiter in Wroclaw unterstützen, indem die Roboter die Waren direkt an die Arbeitsstationen bringen, wo sie für Bestellungen zusammengeführt werden.

Nächster Schritt: Großbritannien

Polen soll dabei nicht der einzige Roboter-Standort bleiben. Roy Perticucci, Amazon Vice President Operations in Europa sagt, dass bereits „Anfang 2016 in den neuen Logistikzentren in Dunstable und Dancaster in Großbritannien“ Amazon Robotics zum Einsatz kommen soll. Und für Perticucci ist auch ganz klar, warum: „Durch ‚Robotics‘ können wir in unseren Logistikzentren 50 Prozent mehr Waren lagern. Der Einsatz von Robotern reduziert die Verarbeitungszeit für bestellte Produkte von teilweise mehreren Stunden auf nur wenige Minuten.“