Industrie 4.0: Kann der Einkauf sich als Innovationsgeber etablieren? (Foto: Fotolia.com/ twobee)
Matthias Pieringer

Der Einkauf kann beim digitalen Strukturwandel der Industrie eine Führungsrolle übernehmen und muss sich als Innovationsscout und Experte für Technologie und Management stärker in die Diskussion um Industrie 4.0 einschalten. So lassen sich zentrale Ergebnisse der Studie „Digitalisierung des Einkaufs – Einkauf 4.0“ zusammenfassen, die das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML und der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) am 29. April in Frankfurt vorgestellt haben. Zwischen August 2015 und April 2016 waren insgesamt 25 Einkaufsleiter und Chief Procurement Officers namhafter Industrieunternehmen sowie Vertreter von zwei Hochschulen befragt worden.

Internet der Dinge als Treiber

„Das Internet der Dinge bietet dem Einkauf enorme Chancen. Er kann als zentrale Schnittstelle zu internen und externen Partnern in der Wertschöpfungskette Industrie 4.0 den Weg ebnen“, sagte Prof. Dr. Michael Henke, Institutsleiter des Fraunhofer IML, vor Journalisten in Frankfurt. Das Neue daran sei die digitale Vernetzung von Technologien und Menschen über Unternehmensgrenzen hinweg. Wie BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Feldmann betonte, richte sich Industrie 4.0 vor allem an den Einkauf und die Lieferkette. Die vierte industrielle Revolution biete dem Einkauf die einmalige Chance, der Forderung nach seiner strategischen Rolle gerecht zu werden.

Weitere zentrale Umfrage-Ergebnisse lauten:

• Eine starke interne und externe Vernetzung ist das Maß aller Dinge, wenn Industrie 4.0 erfolgreich entwickelt werden soll. Bei der externen Vernetzung ist vor allem der Einkauf gefragt.
• Der Einkauf muss künftig in Echtzeit reagieren können. Das geht nur, wenn er zuvor seine Prozesse weitestgehend digitalisiert hat.
• Operative Einkaufsprozesse können nahezu komplett digitalisiert werden. Der strategische Einkauf steuert und überwacht diese Prozesse dann nur noch. Damit ist der operative Einkäufer ein Auslaufmodell.

• Die Anforderungen und Erwartungen an den strategischen Einkauf wachsen und damit die Forderung nach einem erhöhten Wertbeitrag.
• Das Berufsbild des Einkäufers wandelt sich grundlegend. Seine traditionelle Rolle ist passé. Er wird zum digitalen Schnittstellenmanager nach innen und außen.
• Technologien schaffen viele neue Möglichkeiten für Unternehmen, ersetzen allerdings keine persönlichen Beziehungen. Besonders im Einkauf bleiben persönliche Kontakte zu Lieferanten und internen Kunden eine wichtige Basis.
• Der Einkauf trägt nicht die Gesamtverantwortung für die Umsetzung von Industrie 4.0 – dennoch spielt er dabei eine entscheidende Rolle.

Download der Studie

Die Studie ist den Angaben zufolge Ausgangspunkt für weitergehende, detaillierte Untersuchungen zum Thema Einkauf 4.0. Dazu haben BME und Fraunhofer IML bereits einen Expertenkreis (Think Tank) als Erfahrungs- und Ideengeber gegründet (LOGISTIK HEUTE berichtete). Die komplette Studie „Digitalisierung des Einkaufs – Einkauf 4.0“ steht auf der Homepage des Fraunhofer IML zum Download bereit.