Olympia: So schwierig ist Logistik in Rio de Janeiro

Große Sportveranstaltungen bringen große logistische Herausforderungen mit sich.
Symbolbild: Rio 2016/Fernando Soutello
Symbolbild: Rio 2016/Fernando Soutello

Rund 10.500 Athleten aus 206 Ländern kämpfen gerade bei der weltweit größten Sportveranstaltung, den Olympischen Spielen, in Rio de Janeiro um 306 Goldmedaillen. Hinzu kommen etwa 45.000 freiwillige Helfer und 85.000 Sicherheitskräfte, die vor Ort dabei sind. Das erfordert einen engagierten Arbeitseinsatz und viele Ressourcen. Insbesondere Unternehmen, die an der Lieferkette beteiligt sind, stehen vor einer logistischen Herausforderung.

Im Verborgenen

Bei großen Sportveranstaltungen wie den Sommerspielen liegt die eigentliche Herkulesaufgabe im Verborgenen: Da sind die Bauunternehmen, die im Vorfeld Rohmaterialien und Maschinen für die Stadien benötigen. Sportorganisatoren brauchen Ausrüstung und Outfits, Restaurants und Hotels fordern Lebensmittel, Bettwaren und Hygieneartikel. All diese Waren müssen von ihrem Herstellungsort – oftmals am anderen Ende der Welt – zum richtigen Zeitpunkt zum Stadion oder den Unterkünften der Sportler transportiert werden. Die Eröffnungszeremonie alleine erfordert den Transport Millionen Euro teurer Feuerwerksladungen, Audiosysteme und Bühnenausstattung. Bei der letzten Eröffnungszeremonie vor vier Jahren in London (LOGISTIK HEUTE berichtete) waren zum Beispiel 15.000 Quadratmeter Bühne vonnöten und 12.956 Requisiten im Einsatz.

Vier Top-Anforderungen für die Lieferkette:

  • 1. Multimodaler Transport: Die erste Frage, die sich ergibt: Wie transportieren wir verschiedenste Waren von A nach B? Viele der Lieferungen nach Brasilien legen mehr als 16.000 Kilometer zurück. Denn der Hauptteil der Produktion befindet sich im Fernen Osten. Die Marketing- und Werbeprodukte werden beispielsweise von chinesischen Firmen hergestellt. Um effiziente Arbeitsabläufe zu gewährleisten, Lagerflächen bestmöglich zu nutzen und kurze Lieferzeiten über lange Transportstrecken zu garantieren, setzen Spediteure zumeist auf ein multimodales Transportmodell. So effektiv dieses Konzept auch ist, gehen damit auch Herausforderungen einher. Durch die Ortung und Nachverfolgung jeder Palette wird gewährleistet, dass die Übergabe pünktlich stattfindet, kein Teil der Ware verloren geht und der Spediteur die entsprechende Lieferung erwartet. Auch wenn Arbeitsabläufe immer digitalisierter werden, tragen viele Unternehmen die Warenbewegungen jedoch noch manuell in Excel-Tabellen ein – und verlieren so den Echtzeitüberblick. Außerdem ist es für die Organisatoren der Spiele äußerst schwierig, angesichts der Vielfalt an Gütern Informationen über anstehende Lieferungen zu erhalten. Unternehmen suchen daher nach (cloudbasierten) Transportmanagementlösungen (TMS), mit denen sie Prozesse optimieren und Lieferinformationen konsolidieren können. Indem sie ihr Transportmanagement online stellen, können Spediteure sicherstellen, dass sie jederzeit Zugriff auf wichtige Lieferdaten haben. Dabei minimieren sie das Risiko, dass Waren auf ihrem langen Weg nach Rio verloren gehen.
  • 2. Lieferflexibilität: Im nächsten Schritt geht es darum, die Güter an ihren Bestimmungsort zu bringen – und das bereits im Vorfeld der Spiele. Ein heikles Thema, wurde doch Monate vorher schon über Verspätungen und unvorhersehbare Katastrophen beim Bau der Stadien und Unterkünfte gesprochen. Zudem kämpft Brasilien mit einem wirtschaftlichen Abschwung: Das Budget für die Sommerspiele wurde um zehn Prozent gekürzt. Bestellungen wurden auf dem Transportweg gestoppt oder in temporäre Lager umgeleitet. Für Logistikunternehmen stellt dies eine Herausforderung dar: Bestellungen müssen umstrukturiert, Spediteure auf halbem Wege reorganisiert werden. Firmen müssen zudem Vorkehrungen treffen, Paletten genau dann von ihren provisorischen Aufbewahrungsorten zu verschicken, wenn die Stadien fertig und in der Lage sind, sie in Empfang zu nehmen. „Logistikunternehmen müssen gewährleisten, dass sie über das nötige Maß an Flexibilität verfügen und auf ungeplante Störungen reagieren können, sollten diese auftauchen“ erklärt Jim Hoefflin, Präsident und COO bei Kewill. Immer mehr Logistikunternehmen nutzen daher eine übergeordnete Kontrolleinheit für ihr Transportmanagement. Durch die Etablierung einer Kommunikation zwischen sämtlichen Spediteuren und dem für die Lieferprozesse zuständigen Management über cloudbasierte Anwendungen können Firmen Nachsendeaufträge und Transportänderungen schnell in die Wege leiten.
  • 3. Zollverwaltung: Eine weitere Hürde in der Lieferkette nach Rio: das komplexe Geflecht an Zollanforderungen. Jedes Land verfügt über eigene Bestimmungen, die die Warenbewegung beeinflussen – insbesondere Lebensmittel, Saatgut, Pflanzen und tierische Nebenprodukte sind hiervon betroffen. „Die Spediteure müssen stets über veränderte Regulierungen informiert sein, denn sollten Gesetzesänderungen unbemerkt bleiben, kann dies dramatische Folgen haben“, berichtet Hoefflin. Durch die Digitalisierung der Prozesse können Unternehmen ihre Dokumente in einem zentralen Hub verwalten und den unterschiedlichen Zollbehörden zur Verfügung stellen. „Dank automatisierter Workflows und Zollerklärungen lassen sich die Güter schneller transportieren, während das Risiko von Fehlern oder möglichen Bußgeldern sinkt.“
  • 4. Klimatische Aspekte:Berücksichtigt werden muss auch das Klima. Das ist vor allem dann wichtig, wenn es um den Transport verderblicher Lebensmittel geht. Hitze, Feuchtigkeit und Schädlinge wie Moskitos oder Fliegen bedrohen die Unversehrtheit und Qualität der Lieferungen. Daher ist es essenziell, dass die Speditionsunternehmen über die Möglichkeiten und Werkzeuge verfügen, Transporttemperaturen zu kontrollieren und gegebenenfalls anzupassen, um den Topzustand der Waren sicherzustellen. Hierbei gilt es güterspezifische Besonderheiten zu beachten. Daher ist es wichtig, Transportroute und -mittel genau zu planen. Proaktive Tests im Vorfeld sind ratsam, um potenzielle Probleme aufzudecken und zu gewährleisten, dass die Unternehmen ein Modell verfolgen, das auch wirklich funktioniert. Schützenhilfe hierbei bietet leistungsstarke und geeignete Technologie. Mit dem Internet der Dinge (IoT) und der wachsenden Verfügbarkeit vernetzter Sensoren können Spediteure die Bedingungen innerhalb von Containern überwachen sowie Temperatur und Luftfeuchtigkeit anpassen. Mithilfe eines flexiblen TMS lassen sich Transporte darüber hinaus umleiten, um beispielsweise extremen Witterungsbedingungen auszuweichen.
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