Gütertransport: Drunter durch statt oben drüber

Podiumsdiskussion zu Cargo sous terrain gibt Einblicke in zukünftige Versorgung.
Diskutierten auf der EXPO REAL über unterirdischen Güterverkehr: Guido Follert, Dr. Seven-Erik Jacobsen, Sandra Lehmann, Stephan Oehler und Uwe Veres-Homm (v.l.n.r.) (Foto: Jörgl)
Diskutierten auf der EXPO REAL über unterirdischen Güterverkehr: Guido Follert, Dr. Seven-Erik Jacobsen, Sandra Lehmann, Stephan Oehler und Uwe Veres-Homm (v.l.n.r.) (Foto: Jörgl)
Sandra Lehmann

Unterirdische Gütertransport-Konzepte gab es in den vergangenen Jahren einige. Cargo sous terrain, ein autonom fahrendes System auf Schienen, soll anders ein. Das sagte zumindest Dr. Sven-Erik Jacobsen, Managing Director des Züricher Beratungsunternehmens Loglay AG, auf dem Diskussionsforum „Cargo sous terrain: Menschen überirdisch – Güter unterirdisch“, das am 5. Oktober anlässlich der Fachmesse EXPO REAL stattfand. „Wir haben uns dem Problem ganz bewusst von der Nutzerseite her genähert und überlegt, welche Strukturen Händler und Logistikdienstleister benötigen. Im Vordergrund stand dabei auch die Frage, wie wir Urbane Versorgung zukünftig gewährleisten und gleichzeitig den Verkehr auf unseren Straßen reduzieren können.“

Sicherheit im Fokus

Möglich werden soll das laut Jacobsen vor allem durch einen 24-Stunden-Betrieb des Systems und eine hohe Belastbarkeit der einzelnen Wagen. Ein Konzept, das aus Sicht von Guido Follert, Leiter der Abteilung Maschinen und Anlagen am Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik IML, bereits heute technisch umsetzbar ist. Der Experte wies allerdings darauf hin, dass gerade bei autonomen Systemen, auf die nur zu Wartungs- und Reparaturzwecken zugegriffen wird, die Sicherheit an erster Stelle steht. „Auch, wenn hier keine Passagiere involviert sind, müssen Strukturen, die nicht unter ständiger Beobachtung stehen, aber konstant in Betrieb sind, genauso gut abgesichert werden wie Systeme im Personenverkehr.“

Geeignete Partner gesucht

Das sei letztlich auch eine Kostenfrage, wie Follert betonte. Finanziert werden soll die Durchführung des Projekts, dessen erste Etappe von Härkingen nach Zürich bereits bis 2030 fertiggestellt sein soll, von großen Handelsunternehmen und anderen Teilnehmern der Schweizer Wirtschaft. „Wir möchten, dass Cargo sous terrain von denjenigen unterstützt wird, die letztendlich am meisten davon profitieren. Es werden vor allem große Händler sein, die ihren Warenfluss in die Innenstädte so besser steuern können“, erklärte der Schweizer. Derzeit sei man auf der Suche nach geeigneten Finanzpartnern, die man Ende dieses Jahres der Öffentlichkeit vorstellen wolle.

Hubs als Investment

Profitabel könnte Cargo sous terrain indes nicht nur für die Nutzer und Anbieter der Dienstleistung werden, sondern auch für den Bereich Logistikimmobilien. Experte Uwe Veres-Homm, Leiter der Abteilung Markt bei der Fraunhofer Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS, erläuterte dem Publikum unter anderem, dass im Rahmen des Projektes Hubs am Stadtrand sowie in den Innenstädten zu lukrativen Investments werden könnten. „Setzt sich das System Cargo sous terrain durch, werden vor allem geeignete Plätze für den Umschlag der Waren interessant. Wer sich hier rechtzeitig positioniert, wird bei einer Umsetzung des Konzeptes mit Sicherheit profitieren.“

Auch für Deutschland interessant

Einen Vorteil soll die unterirdische Art des Gütertransports darüber hinaus auch für Metropolen und Städte bieten, die unter einem drohenden Verkehrskollaps leiden. In Deutschland könnte sich etwa Stuttgart für ein solches Projekt eignen, wie Stephan Oehler, stellvertretender Amtsleiter des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung in Stuttgart, auf dem Podium erklärte. „Grundsätzlich sind wir als eine der Metropolen, die in Deutschland am meisten unter der Feinstaubbelastung durch den Verkehr leiden, daran interessiert, die Verkehrssituation und damit auch die Lebensqualität im urbanen Raum zu verbessern. Allerdings muss für ein solches Infrastrukturprojekt ein schlüssiges Konzept und eine klare Finanzierung durch Dritte vorliegen“, so der Stadtplaner.