BMW: Mehr Transparenz in der Supply Chain

Autobauer setzt künftig verstärkt auf Innovationen in der Logistik.
Thilo Jörgl

Datenbrillen, autonome Transportroboter und digitale Technologien: Der Münchner Autobauer will sich mit einer Reihe von Innovationen fit für die Logistik der Zukunft machen. Das verkündete Jürgen Maidl, Leiter Logistik im BMW Group Produktionsnetzwerk, bei der Presseveranstaltung „Logistik der Zukunft“ am 17. November in München. Der Konzern stehe täglich vor der Herausforderung, an 31 Produktionsstandorten 9.000 Neufahrzeuge zu produzieren, so Maidl. Damit die Autos vom Band rollen können, müssen pro Tag rund 30 Millionen Teile minutengenau in die Montage geliefert werden. Die Produktionsplanung sei zudem herausfordernd, weil BMW-Kunden noch bis zu sechs Tage vor Herstellungsbeginn Änderungen an ihrem Wunschauto vornehmen können.Um für die Zukunft gerüstet zu sein, hat sich der Konzern eine ganze Latte an Zielen gesetzt, unter anderem

  • Die Vernetzung aller Logistikabläufe.
  • Die Anbindung aller Logistikdienstleister an die IT.
  • Den Einsatz autonomer Flurförderzeuge in der Versorgungskette.
  • Das Tracking der Position und Zustände von Teilelieferungen.
  • Die vollständige Transparenz in der Supply Chain.

Um diesen Zielen näherzukommen, testet der Autokonzern verschiedene Innovationen und Technologien. Marco Prüglmeier, Projektleiter Innovation und Industrie 4.0 in der BMW Group Inbound-Logistik, betonte: „Wir haben eine klare Zukunftsvision und setzen uns frühzeitig mit den Technologien von morgen auseinander. In allen Phasen des Logistikprozesses haben wir Innovationspotentiale ausfindig gemacht, von der Anlieferung der Bauteile in unseren Werken bis zur Auslieferung der Neufahrzeuge an die Händler in aller Welt“. Zu den Innovationen und Technologien zählen unter anderem:

Connected Supply Chain: vollständige Datentransparenz

Die Lieferkette der BMW Group besteht aus einem weltweit verteilten Lieferantennetzwerk und einer engen Zusammenarbeit mit verschiedensten Logistikdienstleistern. Zukünftig ist es laut BMW durch eine vollständige Datentransparenz in der Lieferkette jederzeit möglich zu bestimmen, welche Ware sich wo befindet und ob sie pünktlich ankommt. Durch dieses Wissen könne bei möglichen Verzögerungen sofort reagiert werden. Falls beispielsweise ein Lkw in einen Unfall verwickelt ist, berechnet die Connected Supply Chain automatisch alternative Handlungsoptionen und leitet entsprechende Maßnahmen ein.

Erste Flotte autonomer Transportroboter im Alltagsbetrieb

Autonomes Fahren hat BMW zufolge auch in der Logistik einen hohen Stellenwert. So transportiert die erste Flotte von zehn selbstfahrenden Smart Transport Robots (STR) in Wackersdorf Bauteile durch die Logistik. Vorgestellt wurde das Fahrzeug auf der Fachmesse LogiMAT 2016 in Stuttgart (LOGISTIK HEUTE berichtete). Das Besondere: der selbstfahrende Transportroboter benötigt keine im Boden installierten Induktionsschleifen zur Navigation, sondern fährt frei durch die Logistikhalle. Dabei nutzt er bereits verwendete Batterien aus dem BMW i3 weiter und kann bis zu 500 Kilogramm schwere Behälter transportieren. Durch die Abstandsmessung zu Funksendern berechnet der STR die exakte Position und den Fahrweg. Mittels Sensoren erkennt und reagiert er auf kritische Situationen und nutzt gemeinsam den Fahrweg mit Menschen und anderen Fahrzeugen. Nach einem fünfmonatigen Prototypenbetrieb geht das Projekt in die Vorserie über. Auf den Weg gebracht hat das Konzept der Münchner Autobauer gemeinsam mit dem Fraunhofer IML in Dortmund.

Autonome Routenzüge in der Montage

In den Hallen des BMW Group Werks Dingolfing fahren im Rahmen eines Pilotprojektes autonome Routenzüge. Die selbstständig navigierenden Routenzüge der Hamburger Herstellers Jungheinrich werden zur Versorgung in der Montagelogistik eingesetzt – vor allem für Fahrten über längere Distanzen zwischen einzelnen Lagern und Montagebereichen. Technisch funktioniert die selbstständige Steuerung und Navigation der Routenzüge über Lasersignale.

Augmented Reality-Datenbrillen unterstützen Logistikmitarbeiter

Augmented Reality-Datenbrillen unterstützen Logistikmitarbeiter und signalisieren dem Mitarbeiter bei der Sortierung von Bauteilen, wo er das richtige Teil findet und wohin er es ablegen soll. In einem weiteren Anwendungsfall geht die Nutzung der Datenbrille BMW zufolge noch weiter: Das zu sortierende Bauteil wird dabei von der Brille visuell erfasst und einer optischen Qualitätsprüfung unterzogen. Parallel dazu wird die Bildinformation im Hintergrund mit einer vorher angelegten Datenbank abgeglichen. Schon nach wenigen Millisekunden meldet das System zurück, ob das Bauteil einwandfrei ist. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz erkennt die Datenbrille verschiedenste Fehlertypen selbstständig.

Connected Distribution: Mehr Transparenz in der Fahrzeugauslieferung

Bei der Auslieferung vom Werk zum Händler wird das Fahrzeug zukünftig zum intelligenten Sensor und versendet oder empfängt wichtige Informationen. Das Fahrzeug übermittelt beim Abstellen seine aktuelle Geoposition sowie seinen Zustand via einer Mobilfunkverbindung an die Logistikzentrale. Diese Informationen helfen BMW zufolge, die Termintreue zu steigern und Durchlaufzeiten zu verringern. In einer zweiten Entwicklungsstufe wird das Fahrzeug-Display im Inneren für die Übermittlung von Nachrichten oder die Quittierung von notwendigen Arbeitsschritten in der Transportkette bis zum Händler genutzt.

Elektro-Lkw: Emissionsfrei auf Kurzstrecken

In Zusammenarbeit mit Logistikdienstleistern setzt die BMW Group in München und Leipzig bereits rein elektrisch fahrende Lkw im werksnahen Lieferverkehr ein. Dabei geht es zunächst um das Kennenlernen von verschiedenen Antriebstechnologien und das Sammeln von Erfahrungen. Langfristig strebt die BMW Group den kosteneffizienten Einsatz von alternativen Antriebstechnologien an.

Sehen und hören Sie dazu auch ein Interview mit Jürgen Maidl, Leiter Logistik im BMW Group Produktionsnetzwerk.