Start-ups: Wer nicht handelt, geht ein

Nachwuchsunternehmen machen Logistikern Konkurrenz.
Erik Wirsing von DB Schenker erklärte, warum Start-ups besonders Logistikern gefährlich werden können. (Foto: Lehmann)
Erik Wirsing von DB Schenker erklärte, warum Start-ups besonders Logistikern gefährlich werden können. (Foto: Lehmann)
Sandra Lehmann

Die Konkurrenz ist groß, global und kommt von allen Seiten: Logistik-Start-ups machen etablierten Dienstleistern das Leben zunehmend schwerer und könnten viele Unternehmen, vor allem klassische Speditionen, bald die Existenz kosten. Zu diesem Schluss kam Erik Wirsing, Head of Innovation bei DB Schenker, in seiner Keynote anlässlich der Veranstaltung „Logistics meets Start-ups meets Standard“, die von der Normungsorganisation GS1 Germany am 26. Januar in Köln veranstaltet wurde. Mitveranstalter und Entwickler des Formats ist der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V. (BdKEP).

Schneller und vernetzter

Laut Wirsing sei heutzutage nämlich vor allem eines entscheidend: Geschwindigkeit. In diesem Punkt haben Start-ups aus seiner Sicht durchaus Vorteile gegenüber großen Logistikdienstkleistern: „Nachwuchsunternehmen kommen vor allem anfangs ohne großes „Gepäck“ aus. Sie nutzen häufig Plattform-Konzepte, für die keine Hardware, wenig Equipment und eine geringe Mitarbeiterzahl benötigt werden. Außerdem profitieren sie mit ihren Geschäftsmodellen von der zunehmenden Digitalisierung.“ Bestes Beispiel sei der Transportmarkt. Durch Vernetzung und gestiegene Transparenz könnten sich Kunden ihren Dienstleister heutzutage nach Preisniveau, Serviceleistung und Schnelligkeit aussuchen, während früher mangels Information der Transporteur um die Ecke den Vorzug erhalten hätte. „Unternehmen, die nicht an ihrer Kundenorientierung und ihrer Vernetzung arbeiten, werden diesen Wettbewerb nicht überleben“, so Wirsing.

Nicht mehr nur Experten vorbehalten

Das gelte insbesondere auch für Logistiker, wie der Experte betonte. Denn gerade dieser Wirtschaftsbereich sei von der Konkurrenz durch Start-ups stark bedroht: „Logistik ist heute in Bezug auf viele Geschäftsmodelle kein exklusives Terrain mehr. So gibt es bereits etliche Geschäftsideen in diesem Bereich, die nicht von Fachleuten stammen. Dahinter steckt die Vorstellung, dass heute jeder Logistik betreiben kann“, erklärte Wirsing dem Fachpublikum.

Privat statt gewerblich

Eines der Modelle stammt etwa von den Gründern der Plattform Lieferlotse, die ihre Idee im Start-up Pitch der Veranstaltung vorstellen durften. Die beiden Geschäftsführer des Unternehmens, Felix Hartmann und Marcel Schmidt, haben keinen logistischen Hintergrund, jedoch ein Konzept zur verbesserten Lieferung von Waren in Ballungsräumen entwickelt. Die Überlegung: Pakete oder auch schwere und sperrige Güter sollen künftig nicht mehr nur von Speditionen und KEP-Dienstleistern transportiert werden, sondern von Privatleuten, die mit ihrem Pkw, Fahrrad oder auch zu Fuß dieselbe Strecke nehmen wie die Ware. So sollen Pakete schneller und unkomplizierter bei ihren Empfängern ankommen.

74 Logistik-Start-ups

Erschwerend hinzu komme, dass der Bereich Logistik sich inzwischen zu einem der beliebtesten Investitionsräume für große Kapitalgeber entwickelt hätte. Das liegt aus Wirsings Sicht auch daran, dass Logistik überall auf der Welt stattfindet, Investoren also auch global Geld verdienen könnten. Allein seit 2007 wurden nach aktuellen Zahlen in Logistik-Start-ups weltweit rund elf Milliarden Euro investiert, 74 Nachwuchsunternehmen sind derzeit auf dem globalen Markt.

Schulterschluss suchen

Wer sein eigenes Geschäftsmodell durch Angriffe von außen schützen möchte, dem empfiehlt Wirsing die Flucht nach vorn: „Etablierte Logistikunternehmen müssen sich nicht nur bewegen und aktiv weiterentwickeln, sondern auch Kooperationen mit anderen suchen. Das betrifft auch den Schulterschluss mit Wettbewerbern und den Start-ups selbst.“