Seehäfen: Elbvertiefung in Teilen rechtswidrig

Hamburg muss die Pläne für das Infrastrukturprojekt überarbeiten.
Zunächst wird es keine Elbvertiefung geben: Hamburg muss seine Pläne nachbessern. (Symbolbild: Kara/Fotolia)
Zunächst wird es keine Elbvertiefung geben: Hamburg muss seine Pläne nachbessern. (Symbolbild: Kara/Fotolia)
Sandra Lehmann

Der Fahrrinnenausbau der Ober- und Unterelbe kann nicht wie geplant stattfinden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in Leipzig erklärte das Vorhaben der Hamburger Behörden am 9. Februar in Teilen für rechtswidrig. Damit gibt das Gericht den Einwänden des Bündnisses „Lebendige Tideelbe“, zu dem die Umweltschutzorganisationen WWF, der Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) sowie der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) gehören, in einigen Punkten des Artenschutzes statt. In der Urteilsbegründung hieß es, dass das Vorhaben gegen das Habitatschutzrecht verstoße und damit nicht vollziehbar sei.

Ungenügende Maßnahmen

Die Richter kritisierten unter anderem, dass die Pläne der geschützten und nur an der Elbe vorkommenden Pflanzenart Schierlings-Wasserfenchel nicht gerecht würden und den strengen Schutzanforderungen nicht in jeder Hinsicht nachkämen. Außerdem sei der zu erwartende Anstieg des Salzgehalts im Wasser von den Behörden unterschätzt worden. Damit sei das Projekt allerdings nicht gescheitert, wie das Gericht weiter ausführte. So leide der Planfeststellungsbeschluss nicht an gravierenden rechtlichen Mängeln und gehe angesichts der Entwicklung von Schiffsgrößen von einem entsprechenden Verkehrsbedarf aus. Die Stadt Hamburg darf die Pläne deshalb überarbeiten und erneut zur Entscheidung einbringen. Die Naturschutzverbände begrüßten allerdings die Einschränkungen, die die Leipziger Richter am Donnerstag getroffen hatten: „Den Behörden ist es erneut nicht gelungen, eine rechtskonforme Planung für die geplante Elbvertiefung vorzulegen – und dies nach 10 Jahren Verfahrensdauer. Die Planungsbehörden wären gut beraten, das Umweltrecht endlich ernst zu nehmen.“

Mängel sollen beseitigt werden

Die Stadt Hamburg möchte nach eigenen Aussagen das Verfahren so schnell wie möglich ergänzen und auf die Einwände der Richter reagieren. Wie lange sich dieser Prozess hinzieht, ist laut der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovationen noch nicht absehbar. Zuerst müssten die Mängel der Planfeststellung genau unter die Lupe genommen werden. Trotz des Urteils geht die Stadt weiterhin davon aus, dass die Elbvertiefung stattfinden wird. Frank Horch, Wirtschaftssenator der Stadt Hamburg, sagte nach dem Richterspruch: „Auch wenn wir jetzt wegen gestiegener Anforderungen des Umweltrechts abermals die Genehmigungsgrundlagen ergänzen müssen, gibt es keinen Zweifel daran, dass die Fahrrinnenanpassung kommen wird. Der Hamburger Hafen ist und bleibt ein zentraler Wirtschaftsmotor, der allein hier in Norddeutschland mehr als 150.000 Arbeitsplätze schafft. Als ein bedeutender Welthafen fungiert der Hafen heute als eine Drehscheibe für ganz Deutschland im internationalen Warenverkehr, die alle benötigten Dienstleistungen rund um den Warentransport bietet. Die heutige Entscheidung kostet leider noch einmal Zeit.“

Hafen Hamburg mit sicherer Zukuft

Für die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) bedeutet das Urteil indes nicht nur den Umbau der bisherigen Pläne. Der Urteilsspruch verbietet defacto einen Beginn der Bauarbeiten bis über die Neuausrichtung des Projektes entschieden wird. Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der HHLA, sagte anlässlich der Entscheidung: „Nach dem langwierigen Verfahren und angesichts des harten Wettbewerbs zwischen den wichtigen europäischen Häfen hätte ich mir ein Ergebnis gewünscht, das nicht weitere zeitliche Verzögerungen bei der Fahrrinnenanpassung der Elbe zur Folge hat. Planungssicherheit ist für uns und unsere Kunden von großer Bedeutung. Wir erwarten daher, dass durch die Verfahrensbeteiligten bestehende Unsicherheiten möglichst schnell beseitigt werden.“ Eventuelle negative wirtschaftliche Konsequenzen des Richterspruchs befürchtet Titzrath derzeit aber nicht: „Ich kann verstehen, dass sich viele Menschen, die im oder für den Hafen arbeiten, nach dieser Entscheidung Sorgen machen. Deshalb möchte ich betonen: Der Hamburger Hafen geht in keine ungewisse Zukunft. Für ihn sprechen viele besondere Qualitäten: seine gute Hinterlandanbindung, seine Ausstattung mit moderner Technik, seine hohe Abfertigungsqualität und nicht zuletzt seine leistungsbereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit haben wir im Wettbewerb gute Chancen.“

Jahrelanger Streit

Der Streit um die geplante Ausbaggerung der Elbe schwelt bereits seit mehreren Jahren. Gegen das 2012 von der Stadt Hamburg vorgestellte Planfestungsverfahren hatte das Bündnis Lebendige Tideelbe Widerspruch eingelegt. Aus Sicht der Verbände verstoße die Projektplanung in ihrer derzeitigen Fassung gegen das Umweltrecht. Der Vorwurf der Naturschützer: Eine erneute Vertiefung des Flusses würde die Lebensbedingungen für Flora und Fauna an der Elbe weiter verschlechtern und könnte durch eine zusätzliche Versalzung des Wassers viele Obstbauern die Existenz kosten. Darüber hinaus sieht die Initiative die veranschlagten Kosten des Projekts von derzeit 800 Millionen Euro in Relation zur Prognose des erwarteten Umschlags von 13,4 Millionen Containern im Jahr 2025 als nicht gerechtfertigt an: „Wir gehen davon aus, dass sich die Nutzen-Kosten-Relation der Elbvertiefung jetzt endgültig ins Negative dreht. Verdoppelte Kosten für nur noch halb so viel Containerumschlag - das kann sich für die öffentliche Hand nicht mehr rechnen. Von einem weiteren Ausbau der Elbe würden nur die privaten Reedereien profitieren, während die Kosten vom Steuerzahler getragen werden.“ sagte Beatrice Claus vom WWF bereits März vergangenen Jahres.

Nachteile befürchtet

Die Stadt Hamburg hingegen argumentiert aus wirtschaftlichen und infrastrukturellen Gründen für das Projekt. Da Seefrachter in den vergangen Jahren immer größer geworden seien und dadurch auch mehr Tiefgang hätten, könnten sie bei voller Beladung Häfen wie Hamburg entweder gar nicht oder nur bei Hochwasser ansteuern. Das stellt aus Sicht der HHLA einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen europäischen Häfen dar und könnte dazu beitragen, dass Hamburg als logistischer und infrastruktureller Knotenpunkt an Wichtigkeit verliert.

Kooperation der Häfen gefordert

Die Umweltverbände favorisieren nach eigenen Angaben nach wie vor eine Kooperation der Seehäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven als ökologische und wirtschaftlich beste Lösung. Aus ihrer Sicht sei der Jade-Weser-Port als einziger Seehafen in Deutschland ohne Tiefgangsbeschränkung ausreichend um den Containerumschlag im Norden abzuwickeln.