Schienengütervekehr: Gesperrte Rheintalbahn kostet Millionen

Einige Unternehmen bieten alternative Verbindungen an.
Die Rheintalbahn gehört dem für den Schienengüterverkehr wichtigen Rhein-Alpen-Korridor an. (Foto: Georg Wagner/Deutsche Bahn AG).
Die Rheintalbahn gehört dem für den Schienengüterverkehr wichtigen Rhein-Alpen-Korridor an. (Foto: Georg Wagner/Deutsche Bahn AG).
Redaktion (allg.)

Seit Samstag ist die Rheintalbahn (Karlsruhe–Basel) südlich von Rastatt für den Zugverkehr komplett gesperrt. Ursache der Sperrung ist die sogenannte „Rastatt-Delle“, die von der der Deutschen Bahn auf eine kollabierte Tunnelbaustelle unter den Gleisen zurückgeführt wird. Weil jetzt das Nadelöhr, auf dem normalerweise täglich rund 200 Güterzüge Norditalien, die Schweiz und die Nordseehäfen, aber auch die großen deutschen Industriegebiete miteinander verbinden, sind die Auswirkungen auf den Güterverkehr gravierend. Wegen des eingebrochenen Tunnelneubaus direkt unter den Gleisen der bestehenden Bahnstrecke südlich von Rastatt gibt es nach Angaben der DB Netz AG keine Fahrmöglichkeit mehr bis mindestens Ende August.

Verluste von bis zu zwölf Millionen Euro pro Woche

Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen schätzt, dass die Umsatzausfälle alleine für die Güterbahnen bei zwölf Millionen Euro pro Woche liegen. Dabei seien weder die Schäden bei den Versendern und Empfängern der Güter noch bei der Infrastruktur berücksichtigt.

Isabelle Schulze, Vorstandsmitglied des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) aus Lörrach bei Basel, forderte deshalb die DB Netz AG dazu auf, ihre Anstrengungen „noch einmal zu beschleunigen“. Zeitgleich müssten die schnellstmögliche Wiederherstellung der Befahrbarkeit in Rastatt und die Organisation der Umleitungsverkehre organisiert werden. Um den in den neuen Tunnel eingebrochenen Untergrund gründlich aufarbeiten zu können, empfiehlt das Netzwerk, auch den Einsatz einer Hilfsbrücke zu prüfen. Schulze: „Man muss unkonventionell denken. Wenn nicht beim hiesigen oder einem anderen europäischen Bahnnetzbetreiber, wird es nach unserer Einschätzung mindestens in Militärdepots Hilfsbrücken geben, die von Pionieren zügig über der entstandenen Senke installiert werden könnten.“

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) fordert vom Bund eine unbürokratische finanzielle Hilfe für die betroffenen Eisenbahnunternehmen. „Der Streckenabschnitt ist ein neuralgischer Punkt für das gesamte europäische Eisenbahnnetz. Eine wochenlange Sperrung hat katastrophale Folgen insbesondere für die umfangreich betroffenen Güterbahnen“, erläuterte VDV-Geschäftsführer Dr. Martin Henke.

Verschärft werde die ohnehin prekäre Situation dadurch, dass auch mögliche Umleitungsstrecken von baubedingten Sperrrungen betroffen seien. „Es gibt praktisch keine Verkehrsrelation, auf der die umzuleitenden Verkehre wirtschaftlich durchgeführt werden könnten. In der Folge wird der Verkehr auf andere Verkehrsträger abwandern, vor allem auf die Straße, und die Eisenbahnunternehmen verlieren massiv Kunden und blieben auf den Fixkosten sitzen“, so Henke. Angesichts der ohnehin schwierigen Kosten- und Erlössituation des Schienengüterverkehrs könnte die Situation aus Sicht des VDV für einige Unternehmen existenzbedrohend werden.

Henke appellierte daher im Namen des Verbandes an den Bund als Verantwortlichen für den Bundesschienenwegeausbau, kurzfristige und unbürokratische finanzielle Hilfe zu leisten. „Den betroffen Eisenbahnunternehmen ist kurzfristig nicht durch Problemanalyse und gegenseitige Schuldzuweisung zu helfen, sondern durch finanzielle Unterstützung. Die notwendigen Schlussfolgerungen für die Neubaumaßnahmen der Zukunft müssen danach erörtert werden.“

Ersatzlösungen stehen parat, kosten aber teilweise mehr

Die Deutsche Bahn AGteilte am Donnerstag mit, die Strecke Horb–Tübingen–Plochingen–Stuttgart werde bis zur Wiederherstellung der unterbrochenen Magistrale jetzt an Werktagen rund um die Uhr befahren und bat die Anwohner um Verständnis.

Allerdings haben einige Eisenbahnunternehmen schon alternative Verbindungen aufgebaut. Der Schweizerzug, ein Transportprodukt der in Frenkendorf ansässigen Swissterminal AG, hat bereits einen Ersatzfahrplan für den Schienengüterverkehr zwischen den Häfen Rotterdam und Antwerpen und dem Terminal Frenkendorf ausgearbeitet. Sobald die DB Netz die Trassengenehmigung für eine alternative Route erteilt hat, könne der neuer Fahrplan in Kraft treten, teilt Swissterminal mit.

Die Hupac Intermodal SA aus dem schweizerischen Chiasso hat nach eigenen Angaben Ersatzlösungen für 50 Prozent der betroffenen Züge erarbeitet. Das solle die dringlichsten Bedarfe in der verkehrsarmen Sommerzeit befriedigen können.

Die Contargo GmbH & Co. KG aus Duisburg hat die Shuttle-Züge Rotterdam–Basel (ROCO) und Emmerich–Basel (BME) eingestellt. Stattdessen bietet das Unternehmen nun eine „Wasserbrücke“ an. „In den nächsten Tagen werden wir zunächst ein Binnenschiff von Emmerich nach Basel, ein Schiff von Duisburg nach Basel und ein Schiff von Rotterdam nach Basel anbieten können“, teilt Contargo mit. „Unser Ziel ist es, die Container per Zug bis Mannheim und Ludwigshafen zu transportieren und dort auf Binnenschiffe umzuschlagen, die weiter nach Weil und Basel fahren und damit die gesperrte Strecke umgehen.“ Die Kunden müssen aber mit Zusatzkosten rechnen. (ha/ld)