Produktionslogistik: Innovatives Riegelkonzept entwickelt

Stuttgarter Forscher testen Prototypen im Rahmen von ARENA2036.
Physisch abgesichertes Mini-RBG für die Produktionslogistik von morgen: Daran haben Forscher aus Stuttgart zwei Jahre gearbeitet. Foto: IFT
Physisch abgesichertes Mini-RBG für die Produktionslogistik von morgen: Daran haben Forscher aus Stuttgart zwei Jahre gearbeitet. Foto: IFT
Thilo Jörgl

Autoherstellung ohne Takt und Band. So lautet die Kernaussage des Forschungsprojekts ARENA2036 („Active Research Environment for the Next Generation of Automobiles)“. Jetzt haben Forscher aus Stuttgart im Rahmen des Projekts einen neuen Meilenstein geschaffen: Das Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart (IFT) hat die Entwicklung eines Riegelkonzepts für die Materialbereitstellung in der Montage vorgestellt. Zwei Jahre arbeitete ein Team um Institutsleiter Prof. Dr. Karl-Heinz Wehking an dem neuen Betriebsmittel für die Produktionslogistik. Vor Kurzem sei der erste Prototyp fertig gestellt worden, verkündeten jetzt die Forscher.

Gespräche mit Logistikern

Basis für die Entwicklung des Riegelkonzepts seien Gespräche mit Logistikverantwortlichen unterschiedlicher Produktionswerke gewesen, heißt es aus Stuttgart. Während die aktuelle Entwicklung hin zur Produktion der Losgröße 1 und den dementsprechenden Materialbedarfen in der Logistik zu großen Herausforderungen führen, verlangt die Produktionsleitung den Forschern zufolge immer mehr Flexibilität und Wandlungsfähigkeit. Insbesondere die Sequenzierung von Produktionsmaterial, die im Verlauf der vergangenen Jahre häufig zu Logistikdienstleistern ausgelagert worden war, stehe dieser Entwicklung gegenüber. Denn während bei einem Logistikdienstleister mehrere Stunden vor dem Produktionseinsatz das Material in Ladungsträger sequenziert werde (Prinzip Just-in-Sequence), könnten anschließend kaum noch Änderungen an der Produktionsreihenfolge vorgenommen werden, betonen die Wissenschaftler. Deshalb sei die Idee des Riegelkonzepts geboren worden.

Sequenzierung am Verbauort

Dabei wird die Sequenzierung direkt am Verbauort durchgeführt. Das Material wird nach Aussagen der Schwaben mit extrem kurzer Vorlaufzeit von einem neuartigen Auslagerungsgerät entnommen und dem Montagemitarbeiter zur Verfügung gestellt. Sowohl festgelegte Verbaureihenfolgen als auch kurzfristige Änderungen am Montageprogramm stellen laut den Forschern für das System keinerlei Probleme dar.

Video in youtube

Der grundsätzliche Ablauf der Materialbereitstellung schaut so aus: Die Riegelgestelle werden im Wareneingang direkt mit Kleinladungsträgern (KLT) befüllt. Hierzu kommt ein (De-)Palettierroboter zum Einsatz, der KLT direkt von einer Palette in ein Riegelgestell einlagert. Anschließend wird das beladene Gestell von einem sogenannten (Unterfahr-)Fahrerlosen-Transportsystem (FTS) zum Verbauort oder Supermarkt beziehungsweise Kommissionierort transportiert. Dort dockt das Riegelgestell an das Auslagerungsgerät an, das auch als Mini-Regalbediengerät (RBG) bezeichnet wird. Das Mini-RBG entnimmt KLT aus den Riegelgestellen und reicht sie dem Montagemitarbeiter oder Kommissionierer in ergonomisch sinnvoller Höhe an. Der Mitarbeiter entnimmt die Bauteile aus dem KLT und kann sie nun entweder direkt verbauen oder in einen Warenkorb kommissionieren. Bei der Warenkorb-Variante wird dieser nach vollständiger Beladung vom Unterfahr-FTF zum Montageort gefahren. Die Absicherung des Mini-RBG wird mit einem sogenannten Pilz-Safety Eye erfolgen. Die Forscher betonen, dass erste Vorversuche erfolgreich gewesen seien. Aktuell laufen weitere Ausarbeitungen am IFT. Für eine schnelle Umsetzbarkeit sei auch eine Variante des Mini-RBG mit physischem Sicherheitszaun und zwei Übergabeschleusen denkbar. Zur Veranschaulichung der Vorgänge haben die Forscher ein Video gedreht und in youtube eingestellt: https://youtu.be/nPz35k0a8Vg

Namhafte Mitstreiter

Hintergrund: Das IFT forscht bereits seit einigen Jahren am Projekt ARENA2036 (LOGISTIK HEUTE berichtete darüber in der März-Ausgabe 2016). Mitstreiter sind namhafte Firmen wie zum Beispiel Daimler, BASF und Bosch.