Digitalisierung: Lücke zwischen Erkenntnis und Wirklichkeit

Auf dem Weg zu SCM 4.0 müssen laut einer Studie viele Unternehmen noch ihre Hausaufgaben erledigen.
Nullen und Einser: Wer auf dem Weg zu SCM 4.0 erfolgreich sein will, muss laut einer neuen Studie seine Hausaufgaben in Sachen Datenaufbereitung erledigen. Foto: Fotolia / psdesign 1
Nullen und Einser: Wer auf dem Weg zu SCM 4.0 erfolgreich sein will, muss laut einer neuen Studie seine Hausaufgaben in Sachen Datenaufbereitung erledigen. Foto: Fotolia / psdesign 1
Thilo Jörgl

Das Supply Chain Management nimmt in der neuen Industrie 4.0-Welt eine Schlüsselrolle ein. Je weiter sich die Digitalisierung auf allen Ebenen produzierender Unternehmen ausbreitet, desto wichtiger wird es, die gesamte Supply Chain zu digitalisieren und die beteiligten Partner zu vernetzen. Doch zwischen dieser Erkenntnis und der Wirklichkeit klafft laut einer neuen Studie noch eine große Lücke: Viele Unternehmen haben ihre Hausaufgaben auf dem Weg zu SCM 4.0 noch nicht gemacht.

Bedeutung erkannt

Diese Schlussfolgerung ziehen SCM-Experten der Stuttgarter TMG Consultants GmbH und der Hochschule Coburg (Fakultät Wirtschaft) in einer gemeinsamen Studie, deren Ergebnisse LOGISTIK HEUTE vorliegen. Die überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen attestiert dem Thema „Digitalisierung & Vernetzung im Supply Chain Management“ demzufolge zwar eine große Bedeutung. Gleichzeitig geht aus den Resultaten der breit angelegten Umfrage zur Studie allerdings hervor, dass viele Führungskräfte noch skeptisch sind, welchen konkreten Nutzen sie wirklich aus der Digitalisierung ziehen können. Vor allem Firmen mit einem traditionellen Geschäftsmodell tun sich zum jetzigen Zeitpunkt offenbar noch schwer, die erforderlichen Budgetmittel dafür bereitzustellen. Die Autoren der Studie werten die Antworten zum Status der Vernetzung als Indikator, dass in den Unternehmen noch zahlreiche Grundlagenarbeiten zu erledigen sind.

Datenpflege wichtig

Diese betreffen insbesondere die strukturierte Datenerfassung und -pflege, welche die Basis für die Automatisierung der Produktion und internen Wertschöpfungsprozesse als auch den elektronischen Datenaustausch mit Partnern darstellt. Bevor die Unternehmen wirklich Nutzen aus der Digitalisierung ihrer Wertschöpfungskette ziehen können, müssen sie laut den Studienmachern intern zunächst ihre Hausaufgaben erledigen und die erforderlichen Voraussetzungen schaffen: Prozesse standardisieren, um die Daten überhaupt gewinnen zu können, die dazu erforderlichen IT-Strukturen aufbauen, Daten konsequent sammeln und auch fremde Daten einbinden sowie Tools und Methoden sorgsam auswählen. Last but not least müssten den Studienautoren zufolge auch die Mitarbeiter den neuen Anforderungen entsprechend qualifiziert werden.

Fehlendes Wissen

Dass der Umsetzungsgrad der Bedeutung des Themas Supply Chain 4.0 deutlich hinterherhinkt, führen die befragten Führungskräfte vor allem auf unzureichendes Fachwissen sowie fehlende Standards zurück. Den Hinweis auf fehlende Supply-Chain-Standards halten die Studienautoren allerdings für ein vorgeschobenes Argument. Im Supply Chain Management böten sogenannte cloudbasierte, interoperable Plattformen für produzierende Unternehmen bereits einfache Möglichkeiten, sich in Netzwerke einzubinden, heißt es in der Studie. „Die technischen Möglichkeiten dazu sind vorhanden”, sagt Norbert Haas, Director und Leiter Supply Chain Management & Logistik bei TMG Consultants. „Die Unternehmen sollten Basistechnologien, wie beispielsweise Track & Trace und Big Data Analytics, priorisieren und Partner für ein kollaboratives SC-Netzwerk gewinnen“, so SCM-Experte Haas.

Konkrete Maßnahmen wählen

Die Autoren raten den Firmenlenkern daher dazu, ihre Investitionsplanungen noch einmal zu überdenken und sich mit der Frage zu beschäftigen, wie sie die bestehenden Lücken beseitigen können. Gerade im SCM-Umfeld lassen sich Norbert Haas zufolge „Themen und konkrete Maßnahmen finden, bei denen ein Investment unmittelbaren Nutzen liefert und das Unternehmen zudem einen Schritt weiter in Richtung SCM 4.0 bringt“. SCM-Fachmann Hass und Prof. Dr. Claus-Burkard Böhnlein, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Coburg, werden die wichtigsten Ergebnisse der Studie exklusiv auf dem Supply Chain Executive Forum der TMG am 25. Januar 2018 in Stuttgart vorstellen. Weitere Informationen: www.tmg.com/sceforum