Reaktion auf Lkw-Kartell: Elvis verklagt Daimler

Hintergrund sind verbotene Kartellabsprachen.
Das Transportnetz Elvis hat den Lkw-Hersteller Daimler verklagt. Symbolfoto: Fotolia / electriceye
Das Transportnetz Elvis hat den Lkw-Hersteller Daimler verklagt. Symbolfoto: Fotolia / electriceye
Thilo Jörgl

Auf Schadensersatz in Höhe von 90 Millionen Euro nebst 86 Millionen Euro Zinsen hat die Elvis AG den Lkw-Bauer Daimler verklagt. Das Transportnetz reagiert damit auf die verbotenen Kartellabsprachen, an denen auch der deutsche Hersteller beteiligt war. Am Vormittag hat die Elvis AG (Europäischer Ladungs-Verbund Internationaler Spediteure) eine über 600.000 Seiten schwere Klageschrift beim Landgericht Stuttgart eingereicht. Eigens für das Verfahren hatte die Speditions- und Frachtführerkooperation die Themis Schaden gegründet und bündelte dort die Ansprüche von 310 kleinen und mittelständischen Frachtführerbetrieben. Diese hatten zwischen Januar 1997 und Januar 2011 Fahrgestelle und Sattelzugmaschinen von Daimler, MAN, Renault, Iveco, DAF, Scania oder Volvo erworben. In Summe handelt es sich dabei um 16.600 Lkw, deren Kaufpreise nach Ansicht von Elvis teilweise um mehr als 10.000 Euro überteuert waren.

Kleine Firmen betroffen

Wegen des hohen Streitwerts sei zu erwarten, dass Daimler die anderen Mitglieder des Kartells im Wege der Streitverkündung in das Verfahren hineinziehen wird. Jochen Eschborn, Vorstandsvorsitzender der Elvis AG, kritisierte die am Lkw beteiligten Hersteller außerdem, weil sie die Lkw-Käufer damit massiv geschädigt haben. Insbesondere die kleinen Unternehmen treffe das. „Das ist unerträglich“, echauffiert sich Eschborn.

Vor diesem Hintergrund hat der Verbund eine Möglichkeit für seine Kooperationsmitglieder geschaffen, sich gerichtlich gegen die unlauteren Praktiken der Hersteller zur Wehr zu setzen. Als Vehikel dafür dient die eigens zu diesem Zweck gegründete Themis Schaden, an die die geschädigten Elvis-Partner ihre Ansprüche abgetreten haben. Dieses Vorgehen erlaubt es, die Ansprüche in einer einzigen Klage durchzusetzen. Um das finanzielle Risiko für ihre Partner zu minimieren, das mit einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung dieser Größenordnung einhergeht, hat Elvis auch einen Prozessfinanzierer ins Boot geholt. Dieser übernimmt sämtliche Kosten, die in direktem Zusammenhang mit der Klage stehen. Im Gegenzug ist er an den Erlösen beteiligt, die aus einer Verurteilung der Lkw-Hersteller resultieren.

14 Jahre lang Absprachen

Elvis wertet die Bereitschaft zur Finanzierung der Klage als Beleg für deren gute Aussichten auf Erfolg. Immerhin steht bereits jetzt unstreitig fest, dass die Nutzfahrzeughersteller Daimler, DAF, MAN, Iveco, Scania, Volvo und Renault jahrelang ein illegales Kartell gebildet haben. Die Europäische Kommission hat das bereits unzweifelhaft festgestellt und gegen die Mitglieder des Kartells Geldbußen von insgesamt fast vier Milliarden Euro verhängt. Nach den Feststellungen der Kommission haben die genannten Nutzfahrzeughersteller über 14 Jahre hinweg verbotene Absprachen getroffen, unter anderem über ihre Listenpreise und die verspätete Einführung von Technologien zur Senkung von Emissionen.

Sachverständigengutachten angefertigt

„Weil an diesen Absprachen alle großen europäischen Lkw-Hersteller beteiligt waren, hatten die Spediteure und Transportunternehmer keine Wahl, sie mussten erhebliche Preisaufschläge hinnehmen“, begründet Dr. Moritz Lorenz, der die Kläger anwaltlich vertritt, die jetzt gestellten Schadensersatzforderungen. Weitere Nachteile hätten sich zudem aus der verzögerten Verfügbarkeit von Fahrzeugen mit höheren Abgasstandards ergeben. Der durch die verbotenen Absprachen entstandene Schaden wurde durch ein Sachverständigengutachten beziffert.

Bahn klagt in München

Elvis steht mit seinem Vorgehen nicht alleine. Die Deutsche Bahn hat am 20. Dezember beim Landgericht München Klage gegen die am Lkw-Kartell beteiligten Unternehmensgruppen DAF, Daimler, Iveco, MAN und Volvo/Renault eingereicht. Sie macht ihre Schadensersatzansprüche gemeinsam mit der Bundeswehr geltend, die ebenfalls von dem über 14 Jahre lang aktiven Kartell betroffen ist. Neben der Bundeswehr haben der Bahn zufolge über 40 Unternehmen aus allen Bereichen der deutschen Wirtschaft ihre Ansprüche an die DB abgetreten, darunter die im Flughafenverband ADV vertretenen Betreibergesellschaften der deutschen Flughäfen sowie große Handels- und Logistikfirmen.