Studie: Deutschland bekommt Vorboten des Brexits zu spüren

Britische Importe und Exporte gehen zurück.
Wie wird der Brexit die Außenhandelsströme Deutschlands verändern? Der ESD/ISD zeigt erste Vorboten auf. (Foto: Eisenhans/ Fotolia)
Wie wird der Brexit die Außenhandelsströme Deutschlands verändern? Der ESD/ISD zeigt erste Vorboten auf. (Foto: Eisenhans/ Fotolia)

Die aktuelle Ausgabe des „Export-/ Import-Seismographen Deutschland (ESD/ISD)“ des Softwareunternehmens AEB und des Instituts für angewandte Logistik (IAL) der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, wurde am 29. Oktober veröffentlicht und zeigt: Der Handel mit Großbritannien bricht ein. Nach der Analyse der deutschen Außenhandelsströme war das die Erkenntnis. Grund dafür sei, dass die Supply Chains durch anfallende Handelszölle umgebaut werden müssten.

Vorboten des Brexits

Zwar ist Großbritannien noch nicht offiziell aus der EU ausgeschieden, die negativen Folgen für den deutschen Handel zeigen sich aber auch schon viele Monate vorher, so das Urteil des ESD/ISD. Im ersten Halbjahr 2018 brachen die deutschen Exporte nach Großbritannien gemessen am Gewicht gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 8,1 Prozent auf 8,7 Millionen Tonnen ein. In die umgekehrte Richtung wurden 7,6 Millionen Tonnen Güter gehandelt – das sind sogar 15,2 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2017.

Lieferalternativen gesucht – und teilweise schon gefunden

„Die Delle im Handel mit Großbritannien verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen Unternehmen sich konfrontiert sehen, wenn Handelsgrenzen aufgebaut werden: Supply Chains müssen umgebaut werden, um weiter im Wettbewerb bestehen zu können“, sagte Prof. Christian Kille vom Institut für Angewandte Logistik (IAL) der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Dieses gibt den ESD/ISD gemeinsam mit dem Softwarehaus AEB heraus. „Deutsche Unternehmen suchen Alternativen zu ihren britischen Lieferanten und probieren diese bereits aus. Das gilt auch für zahlreiche britische Unternehmen, die gleichzeitig ihre Produktion zurückfahren, weil sie nach dem Brexit weniger Absatzchancen in der EU sehen“, ergänzte Dr. Ulrich Lison, Außenwirtschaftsexperte bei AEB.

Hohe Rückgänge in zwei Bereichen

Bisher haben deutsche und britische Unternehmen in der Chemie- und in der Kfz-Industrie eng zusammengearbeitet. In der chemischen Industrie sanken die deutschen Exportmengen auf die Insel um 21 Prozent, in umgekehrter Richtung betrug der Rückgang 5,5 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich laut Studie in der Automobil-Branche: Bei den Kfz-Teilen betrug das deutsche Exportminus 9,3 Prozent, während die Importe um 6,8 Prozent sanken. Dennoch: „Die bisherigen Rückgänge sind nur ein Vorgeschmack darauf, wenn nach dem Brexit Zölle und längere Lieferzeiten aufgrund von Zollformalitäten die bisherige Arbeitsteilung unwirtschaftlich machen“, sagte Lison.

US-Geschäft boomt

Dem deutschen Außenhandel geht es AEB zufolge aber gut. Trotz der Strafzölle stiegen amerikanische Exporte und Importe. Da die Importe von durch die EU mit Strafzöllen belegten Gütern wie Bourbon und Motorräder um mehr als 20 Prozent stiegen, liegt laut AEB die Vermutung nahe, dass deutsche Importeure möglicherweise vor Inkrafttreten der Zölle im Juni noch einmal kräftig ihre Vorräte aufgebaut haben. Die Exporte, gemessen am Gewicht, stiegen im ersten Halbjahr 2018 um 3,2 Prozent auf 218 Millionen Tonnen, während die Importe um 1,9 Prozent auf 332 Millionen Tonnen zulegten. Die Importe aus den USA, gemessen am Gewicht, stiegen sogar um 19,9 Prozent auf 9,7 Millionen Tonnen. Und die deutschen Exportmengen in die USA kletterten um 5,7 Prozent auf 4,9 Millionen Tonnen.

Deutsche Exportchancen in die Türkei sinken

Neben den Strafzöllen hat Deutschland aber auch mit der Türkei zu kämpfen. Die türkische Lira war im ersten Halbjahr 2018 schwach und daher sanken die Exportmengen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 4,3 Prozent auf 2,2 Millionen Tonnen. Die deutschen Waren verteuerten sich für die türkischen Kunden laut Studie schlichtweg. Der schwierige Handelspartner wurde hingegen zu einem Einkaufsparadies für deutsche Unternehmen, so AEB. Die Einfuhren aus der Türkei nahmen um 9,2 Prozent auf zwei Millionen Tonnen zu. Besonders Stahlprodukte, andere Metallteile sowie Obst und Gemüse aus der Türkei boomten auf dem deutschen Markt.