Warum die Digitalisierung für die Luftfracht lebenswichtig ist

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Guten Tag, jeder Verkehrsträger hat so sein Image. Wer das Wort „Hafen“ hört, mag an große Containerbrücken, schwarze Abgase spuckende Schiffsschlote und raue Hafenarbeiter in Troyern mit filterlosen Zigaretten im Mundwinkel denken. Wer hingegen das Wort „Flughafen“ hört, wird sich wahrscheinlich eher smarte Piloten in schnittigen Uniformen, glitzernde Shops und stromlinienförmige Strahlflugzeuge vorstellen. So weit die Klischees. Doch auch in der Luftfracht gilt: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Auf der vor Kurzem stattgefundenen Air Cargo Conference in Frankfurt am Main waren sich die Referenten einig, dass der Luftfrachtsektor beim Thema Digitalisierung noch ziemlich in den Kinderschuhen steckt. Auch verglichen mit anderen Verkehrsträgern.
 
Die Frachtabfertiger am Flughafen wissen oft nicht, welcher Spediteur welche Ware wann anbringt, und sie können den Lkw-Fahrern mit dringlicher Fracht manchmal keine Rampen anbieten, weil diese schon besetzt sind. Viele Prozesse laufen auf Papier, die Informationen sind oft nicht transparent. Somit lassen sich Ressourcen schlecht beplanen und die Prozesse laufen bisweilen eher unkoordiniert ab. Die Folge sind Wartezeiten von zehn Stunden oder mehr für Lkw-Fahrer. Effizient ist das nicht. Der Kunde, also der Versender, merkt davon oft nichts.

Was er jedoch merkt: Integratoren wie DHL, FedEx oder UPS können ihm einen kompletten Service bieten und sind oft schneller. Der wohl wichtigste Wettbewerbsvorteil dieser großen Player ist die durchgehende Datentransparenz. Sobald der Kunde seine Fracht bei ihnen aufgibt, fließen ihre Daten in ein einheitliches Informationssystem. Damit lassen sich Ressourcen optimal ein- und verteilen. Die Integratoren sind eine harte Konkurrenz für die klassische Luftfracht. Aber am Horizont erscheint ein noch mächtigerer Wettbewerber.

Es sind die weißen Flugzeuge mit dem blauen Schriftzug Prime Air, die ausschließlich für Amazon fliegen. Der E-Commerce-Gigant plant sogar den Bau eines eigenen Flughafenterminals im US-Bundesstaat Kentucky. Amazon kann noch größere Effizienzpotenziale heben als die Integratoren, denn als Onlinekaufhaus kontrolliert es eine noch umfangreichere Datenkette. Amazon hat die Schnittstelle zu den Käufern. Für die Versender könnte es langfristig nur einen einzigen Vermittler zwischen ihnen und ihren Kunden geben: Amazon.

Ein kleiner deutscher Hersteller von Spezialmaschinen kann dann beispielsweise seine Ware auf der amerikanischen Seite von Amazon anbieten und dort Käufer finden. Amazon übernimmt den kompletten Transport inklusive Luftweg und lagert die Ware in den USA zwischen, falls nötig. Ach ja, den kompletten Zahlungsstrom kontrolliert auch Amazon.

Die klassische Luftfracht muss sich also an harte Wettbewerber gewöhnen. Da kam eine Krise am Flughafen Frankfurt, dem größten deutschen Frachtflughafen, gerade zur rechten Zeit. Gegen Ende des vergangenen Jahres ist das System unter der Last des Weihnachts-Peaks beinahe kollabiert. Lkw-Fahrer mussten bis zu 40 Stunden auf einen Platz an der Rampe warten.

Wie LUG-Geschäftsführer Patrik Oliver Tschirch es auf der Air Cargo Conference zeigte, veranlasste dieser Schock die konkurrierenden Frachtabfertiger LUG und FCS dazu, gemeinsam die Prozesse zu verbessern und die Daten transparent zu machen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wie dieses gemeinsame Projekt aussieht, welche Ergebnisse es vorweisen kann und was sonst noch auf der Air Cargo Conference passierte, können Sie in der News der Woche lesen.
 
Eine inspirierende Lektüre wünscht Ihnen

László Dobos
Redakteur LOGISTIK HEUTE
 
PS: Vom 25. bis 27. September findet die FachPack, eine der wichtigsten Messen für Verpackungen, Prozesse und Technik, in Nürnberg statt. Für alle, die sich auf die Messe vorbereiten wollen, bietet LOGISTIK HEUTE einen Themenschwerpunkt auf seiner Website an. Dort berichten wir täglich über neue Produkte und Lösungen, die auf der FachPack zu sehen sein werden.

Redaktion (allg.)

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